Gemeinsame Mitgliederversammlung der Omnibusverbände VDV Rheinland und VVRP in Bad Kreuznach
Die Omnibusbranche in Rheinland-Pfalz steht unter erheblichem wirtschaftlichem Druck – das wurde bei der gemeinsamen Mitgliederversammlung der Fachsparten Omnibusverkehr der Verbände VDV Rheinland e.V. und VVRP e.V. am 8. Mai 2025 in Bad Kreuznach deutlich. Die Veranstaltung fand unter dem Dach des Mobilitäts- und Logistikverbands MOLO statt und zog zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Verkehrsunternehmen, Politik, Verwaltung und Fachpresse an.
Bernhard Dürk, Fachspartenleiter Omnibusverkehr, eröffnete die Versammlung und begrüßte die Teilnehmenden herzlich – auch im Namen der erkrankten Vorsitzenden Uwe Bischoff und Thomas Görgen. In seiner Ansprache betonte er die zentrale Bedeutung eines offenen Austauschs zwischen Branche, Politik und Verwaltung angesichts der vielfältigen Herausforderungen, vor denen insbesondere der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) steht.
Herausforderungen im ÖPNV: Finanzierungslücken, Vertragsunsicherheiten und steigende Personalkosten
Michael Frömming, Abteilungsleiter für Mobilität im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität des Landes Rheinland-Pfalz, eröffnete den inhaltlichen Teil der Veranstaltung mit seinem Vortrag „Mobilitätspolitik des Landes Rheinland-Pfalz: Aktuelle Entwicklungen und Perspektiven für den ÖPNV“. Darin analysierte er die aktuelle Situation der öffentlichen Finanzierung des ÖPNV im Land und stellte klar: Die derzeit verfügbaren Mittel reichen kaum aus, um den laufenden Betrieb aufrechtzuerhalten – von notwendigen qualitativen Ausweitungen ganz zu schweigen.
Frömming kritisierte insbesondere die mangelnde Dynamisierung der Regionalisierungsmittel, die nicht mit der realen Kostenentwicklung Schritt halte. Ohne eine deutlichere finanzielle Unterstützung von Bund werde es schwer, die steigenden Anforderungen an den ÖPNV – etwa durch neue Tarifergebnisse, gestiegene Betriebskosten oder politische Zielsetzungen wie Klimaschutz und Mobilitätswende – zu erfüllen.
Trotz dieser Herausforderungen verwies Frömming auch auf positive Entwicklungen, wie etwa die vollständige Kostenübernahme des Landes für die Regiolinien, mit der ein starkes Signal für die Daseinsvorsorge im ländlichen Raum gesetzt werde. Weitere Schwerpunkte seines Vortrags waren der seit Januar 2025 verpflichtende RLP-Index zur Preisfortschreibung bei Neuvergaben und die Fortschreibung des Landesnahverkehrsplans.
Frank Krautmann, Partner bei der Wendlandt Unternehmensberatung, widmete sich in seinem Vortrag „Erfolgreich kalkulieren in turbulenten Zeiten“ den konkreten wirtschaftlichen Belastungen, mit denen insbesondere mittelständische Verkehrsunternehmen aktuell konfrontiert sind. Die Betriebe litten zunehmend unter unkalkulierbaren Preisentwicklungen, steigenden Betriebskosten und unzureichenden Preisgleitklauseln in Verkehrsverträgen, die keine realistische Abbildung der tatsächlichen Kostenentwicklungen erlaubten.
Besonders kritisch seien auch die in jüngster Zeit häufiger auftretenden Abbestellungen von Linienleistungen und die häufig intransparenten Anforderungen öffentlicher Ausschreibungen. Diese erschwerten nicht nur die langfristige wirtschaftliche Planung, sondern gefährdeten auch Investitionen in Fahrzeuge, Personal und Infrastruktur.
Krautmann forderte daher mehr Verlässlichkeit und Fairness bei der Vertragsgestaltung – sowohl im Hinblick auf Preisgleitklauseln als auch auf klar definierte Leistungsumfänge. Nur wenn Unternehmen in der Lage seien, nachvollziehbar und nachhaltig zu kalkulieren, könnten sie ihre Strukturen erhalten und verlässlich zur Versorgungssicherheit im ÖPNV beitragen.
Guido Borning, Geschäftsführer des VDV Rheinland und von MOLO, widmete sich in seinem Vortrag „Steigende Personalkosten im ÖPNV: Verhandlungsoptionen und Nachsteuerung in Verkehrsverträgen“ einem besonders drängenden Thema. Er beleuchtete, wie stark die aktuellen Tarifentwicklungen – insbesondere im Fahrpersonal – die finanziellen Spielräume der Verkehrsunternehmen einschränken. Der RLP-Index, der seit Januar 2025 bei Neuvergaben verpflichtend anzuwenden ist, ermögliche zwar eine sachgerechte Anpassung von Verträgen an steigende Lohnkosten. In bestehenden Altverträgen jedoch finde dieser Index keine automatische Anwendung.
Daher rief Borning die Unternehmerinnen und Unternehmer eindringlich dazu auf, bestehende Verkehrsverträge im Hinblick auf Personalkostenregelungen zu überprüfen, gestiegene Lohnkosten zu dokumentieren und aktiv auf die Aufgabenträger zuzugehen. Ziel sei eine einvernehmliche, faire und rechtlich fundierte Vertragsnachsteuerung. Der Verband unterstütze seine Mitglieder in diesem Prozess mit Musterschreiben, Kalkulationshilfen und rechtlicher Expertise.
RA Heiko Nagel, Geschäftsführer von VVRP und MOLO, befasste sich in seinem Vortrag
„Tarifpolitik im Spannungsfeld von Wirtschaftlichkeit und Sozialpartnerschaft“ mit den tariflichen Rahmenbedingungen der Branche – einem Themenfeld, das eng mit der wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit der Verkehrsunternehmen verknüpft ist.
Nagel berichtete, dass die jüngsten Tarifverhandlungen bislang nicht zu einem neuen Abschluss mit der Gewerkschaft ver.di geführt hätten. Besonders brisant: ver.di habe die langjährige Tarifpartnerschaft mit dem Arbeitgeberverband VAV einseitig beendet. Diese Entwicklung sorge für erhebliche Unsicherheiten bei den Unternehmen, da tarifliche Planungssicherheit fehle.
Trotz dieser angespannten Lage betonte Nagel, dass die Arbeitgeberseite weiterhin auf eine stabile und konstruktive Sozialpartnerschaft setze. Derzeit würden verschiedene Optionen geprüft, wie der Dialog mit der Gewerkschaft wieder aufgenommen und die Verhandlungen zu einem zukunftsfähigen Abschluss geführt werden könnten.
Nagel machte deutlich, dass Tarifpolitik nicht losgelöst betrachtet werden dürfe, sondern stets in engem Zusammenhang mit gewerbepolitischen und strukturellen Fragen stehe.
Eigenständiger Fokus: Bustourismus im Wandel
Neben den drängenden ÖPNV-Themen widmete sich die Versammlung auch dem Bustourismus, einem Bereich mit eigenständiger Dynamik und Entwicklungsperspektive. Dieter Gauf, Geschäftsführer von GAUF TOURISM CONSULT und ehemaliger Hauptgeschäftsführer des RDA, gab einen Ausblick auf die Zukunft touristischer Busreisen.
Gauf betonte, dass klassische Gruppenreisen zunehmend an Attraktivität verlieren. Stattdessen suchen Reisende verstärkt nach individuell gestaltbaren Angeboten, hoher Erlebnisqualität, Nachhaltigkeit und digitalen Zusatzleistungen. Emotionale Erlebnisse und exzellenter Service seien heute zentrale Buchungsfaktoren.
Er forderte die Unternehmen auf, sich strategisch neu auszurichten: Eine klarere Positionierung, moderne Kommunikation und Offenheit für Innovationen – sowohl im Angebot als auch bei der Fahrzeugausstattung – seien entscheidend, um die Zukunftsfähigkeit des Bustourismus zu sichern.
Die abschließende Diskussionsrunde zeigte: Die Branche steht unter großem Druck, bringt jedoch den notwendigen Willen und Innovationskraft mit, um gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln – im Linienverkehr ebenso wie im Tourismusbereich.
MOLO – Mobilität & Logistik Rheinland-Pfalz e.V. ist der Dachverband der rheinland-pfälzischen Verkehrs-, Transport- und Logistikbranche. Der Dachverband bündelt die Interessen der beiden Mitgliederverbände VDV Rheinland e.V. und VVRP Rheinhessen-Pfalz e.V., die wiederum ca. 1400 Unternehmen aus den Bereichen Güterkraftverkehr, Möbeltransport, Kraftomnibusverkehr und Taxi- Mietwagenverkehr vertreten.